Warum erfolgreiche Frauen in Unternehmen scheitern…
Ein Kindergarten, ein Konfliktthema
Zwei Prognosen für die berufliche Zukunft:
Zwei Mädchen zanken sich um ein Spielzeug, den Streit entscheidet die ultimative Drohung: „Gib her, sonst bist du nicht mehr meine beste Freundin!“ Mädchen gewinnen, indem sie sich soziale Beziehungen zunutze machen – und kommen damit bestens durch den Kindergarten, die Grundschule und das Studium. Und nicht weiter.
Zwei Jungen zanken sich um ein Spielzeug, der Dominantere entscheidet den Streit, indem er das Spielzeug einfach an sich reißt. Damit hat er einen schweren Stand in der Familie bei Mutter und Tanten, im Kindergarten bei den Erzieherinnen, in der Schule bei den Lehrerinnen – und beginnt seinen rasanten Aufstieg, sobald er in die Machtstrukturen eines Unternehmens eintritt.
Plötzlich rauscht er an seinen ehemaligen Mitschülerinnen und Kommilitoninnen vorbei, die bisher immer eher gelobt, besser beurteilt und stärker gefördert wurden als er – warum?
In seinem Buch „Radikal führen“ gibt Reinhard K. Sprenger eine Antwort:
„Stellt man also Ihnen die Frage ‚Warum wurden Sie Führungskraft?’, dann mögen Sie mit Recht auf Ihr Talent verweisen. Eine nüchterne Antwort könnte aber lauten: Weil Führung mit dem Finger auf Sie gezeigt hat! Weil eine hierarchisch höher gestellte Führungskraft Sie für fähig hielt. Das geht meist nicht sehr wissenschaftlich zu, auch oft nicht fair, schon gar nicht ‚objektiv’ – aber das System will es so.“
In weiblich dominierten Systemen – Kindergarten, Schule, Familie – sind weibliche Durchsetzungsstrategien erfolgreich und werden von der „Führung“ – Mutter, Erzieherin, Lehrerin – anerkannt und belohnt. In männlich dominierten Systemen – Politik, Wirtschaft, Wissenschaft – nützen die antrainierten Verhaltensweisen plötzlich nicht mehr. Gut ausgebildete Frauen werden als kompetente, fleißige Arbeitsbienchen wahrgenommen – das Sagen haben die Männer.
Wir Frauen hören es in unserer emanzipierten Gesellschaft nicht gerne, aber: Wenn wir in die oberen Führungsetagen wollen, müssen wir die Gesetze und Spielregeln der männlich geprägten Geschäftswelt verstehen. Nur dann entwickeln Frauen dort ihren eigenen Führungsstil, ohne zu männlichen Abziehbildern zu werden.
Denn bei aller Einzigartigkeit des Individuums bestehen gender-spezifische Unterschiede: Die Körpersprache von Männern und Frauen ist stark unterschiedlich; auch Konfliktverhalten und Machtspiele laufen völlig verschieden ab, schon seit dem Kindergarten. Wer nun glaubt, dass Konflikte und Machtspiele im Beruf selten seien, der irrt: Sie passieren täglich. Wenn Frauen also von ihren Führungskräften als Führungskraft erkannt werden möchten, müssen sie deren Kriterien entsprechen: In der Schule verhielten sie sich fleißig und sozial und wurden von der Lehrerin mit Verantwortung betraut – im männlich dominierten Unternehmenskontext müssen sie männliche Erwartungen erfüllen.
Die Devise lautet also…
So auffallen, dass ein zuständiger Vorgesetzter die Entscheidung trifft, Sie als Führungskraft auszuwählen. Dies gilt für Mann und Frau gleichermaßen.
Dass Frauen in dieser Weise auffallen, ist Unternehmen zu wünschen, denn Gender-gemischte Führungsebenen seien eine Bereicherung für alle. Laut McKinsey führen sie zu höherem Unternehmenswachstum: „Unternehmen mit hohem Frauenanteil im Management erwirtschaften eine im Schnitt zehn Prozent höhere Eigenkapitalrendite, erzielen 48 Prozent mehr Gewinn, auch der Aktienkurs steigt lt. Studie um das 1,7-Fache schneller, als bei Unternehmen, die ihr Management nach dem ‚Oben-ohne-Prinzip’ besetzen.“